Den Favoriten Favoriten sein lassen

Der FCS auf Relegationsplatz 13, die Alarmglocken schrillen, und jetzt kommt der Titelfavorit! Nein, ganz so weit ist es noch nicht, auch wenn der Satz nicht völlig falsch ist. Es stimmt, die Schwarzenbacher liegen auf Rang 13 in der Kreisliga Süd, aber es ist ja auch erst ein Spiel absolviert. Es stimmt auch, am heutigen Freitag kommt der Klub, der nach Ansicht der meisten Trainer erster Anwärter auf die Meisterschaft ist: die Kickers Selb. Aber die Alarmglocken läuten natürlich noch nicht, auch wenn das 1:3 in Wiesau schon die eine oder andere Sorgenfalte auf die Stirnen der Verantwortlichen getrieben hat. Es war insgesamt von allem etwas zu wenig, doch nicht an allen Stellschrauben lässt sich ohne weiteres etwas drehen. Der Kader verändert sich nicht so einfach, Studenten sind noch mit Klausuren beschäftigt, Schichtarbeiter stehen nicht immer zur Verfügung, und Urlauber haben sich ihre freien Tage durchaus verdient. Sie alle kommen in den nächsten Wochen nach und nach zurück, auch die Verletzten werden wieder fit. Das ist der Vorgriff auf die Zukunft, für die Gegenwart mit dem Doppelspieltag gibt es aber Maßnahmen, die direkt ergriffen werden können. Gegen die robusten Wiesauer zeigten viele Spieler zu großen Respekt, hielten zu sehr Abstand und warteten zu häufig ab, welche Aktion als nächstes kommen könnte, egal ob vom Mitspieler oder vom Gegner. Die Initiative ergreifen, dem Ball vehement entgegengehen, sich nicht einschüchtern lassen und eigene Aktionen entwickeln, das machte den FCS letzte Saison stark und erfolgreich. Selbstverständlich herrschten andere personelle Voraussetzungen, jetzt sind die verbliebenen Routiniers gefragt, die Nachwuchskräfte anzuleiten. Die müssen das Gefühl bekommen, sich etwas trauen zu dürfen, inklusive Fehlern, aber mit jedem Einsatz zu lernen und es im nächsten Spiel ein Stück besser zu machen. Wer erinnert sich nicht an die verunsicherte Elf, die nach den Spielen bis Ende August 2016 auf dem Platz stand und scheinbar in eine neue, viel zu große Fußballwelt namens Kreisliga hineingeraten war? Der Knoten platzte vor einem Jahr dank der Derbys gegen Kirchenlamitz und Marktleuthen, jetzt könnten es erst einmal kleinere Erfolgserlebnisse wie die letzten 20 Minuten in Wiesau sein oder vielleicht ein unerwarteter Punktgewinn gegen die Kickers aus Selb. Denn man muss es nicht lang umschreiben, der Aufsteiger ist klarer Favorit, nicht nur im heutigen Spiel, sondern wie die meisten meinen, über die gesamte Saison hinweg. Ein Kader, gespickt mit Spielern mit Erfahrung aus der Regionalliga Bayern (Schneider, Redondo, Kura), der 3. tschechischen Liga (Rehak), der Bezirksliga (Pleva), der Kreisliga (Bösel, Maisel), dazu Alterfahrene aus den ehemaligen Selber Klubs FK, TSV 06 und Südring plus Eigengewächse – da kommt unter der Regie von Trainer Jakob Schleicher schon eine Menge Qualität zusammen. Doch auch ein solches Team muss erst einmal jedes Spiel spielen, gegen Marktleuthen brauchte es viel Geduld, einen Platzverweis und einen „Oldie“ als Joker, um das Abwehrbollwerk aufzubrechen. Ob der FCS genauso defensiv antreten oder doch versuchen wird, viele eigene Akzente zu setzen, bleibt abzuwarten, wenn aber die kleinen Schritte und Lernphasen stimmen, dann ist auch damit unabhängig vom Ergebnis schon einiges gewonnen. Anstoß ist heute abend um 18.30 Uhr.