Wiesau hat die größeren Möglichkeiten

Es ist erst gute drei Monate her, als der 1.FC Schwarzenbach bei der SpVgg Wiesau gastierte und souverän mit 4:0 gewann. Am vergangenen Sonntag hätte das gleiche Ergebnis durchaus am Ende der Partie stehen können, diesmal allerdings für den Gastgeber. Die Stiftländer gewannen zum Auftakt in der Kreisliga Süd gegen den FCS, zwar „nur“ mit 3:1 (1:0), aber absolut verdient, weil sie aktuell bestehenden Schwächen bei den Grün-Weißen clever und effizient ausnutzten.

Noch ein Blick zurück in den Frühling: damals waren die Schwarzenbacher erfolgreich, weil sie schnell umschalteten, früh störten, auf den Flügeln präsent waren und mit viel Selbstvertrauen  in jede Partie gingen. Jetzt im Juli wirkte es zeitweise, als hätten die Mannschaften die Trikots getauscht – ein FCS stand da auf dem Feld, der weitgehend mit sich selbst beschäftigt war und dem Gegner nicht so folgen konnte, wie es oft nötig gewesen wäre, während die Wiesauer alle Probleme der abgelaufenen Spielzeit vergessen wollten und mit frischem Elan an die Sache herangingen. Dirigiert vom neuen Spielertrainer Zettl standen sie sicher, gingen robust (manchmal etwas zu sehr) in die Zweikämpfe und hatten den Blick für den freien Spieler. Davon gab es reichlich, weil die Ordnung im System der Schwarzenbacher noch nicht richtig auszumachen war; nicht ganz verwunderlich, wenn man sich die Liste derer anschaut, die an diesem Tag fehlten oder wegen Wechsels nicht mehr zur Verfügung stehen: Scharrer, Sebastian Bertl, Mikuta, Marcel Fuchs, Linke, Rasim Schijabiew, Fröhlich, Anders, Seifert, das ist mehr als nur ein Korsett, das nicht zur Verfügung stand. Neben den Arrivierten mussten es also die Jungen, sprich gerade aus der A-Jugend gekommenen Spieler richten, Jung und Patrick Bertl standen in der Startelf, dazu kam noch Rückkehrer Marcel Hoffmann. Sprich, die Abstimmung war das eine Problem und der Umgang mit einem eingespielten, routinierten Gegner das andere. Wohn und Luber hatten ihre Positionen in Abwehr und Mittelfeld zur Stabilisierung getauscht, das ging insgesamt aber zu Lasten des Spiels nach vorne und wurde später rückgängig gemacht. Nach den ersten ausgeglichenen Minuten merkten die Wiesauer, wo sie ansetzen konnten und überspielten ihren Gegner regelmäßig mit langen Bällen. Immer mehr verlagerte sich das Geschehen vor Bechers Kasten, er war bei Möglichkeiten von Char und Russ auf dem Posten, während Nickl etwas später knapp verzog (29.). Dazwischen lag eine umstrittene Szene, als Saalfrank sehr rustikal gegen Char einstieg, Schiedsrichter Hofmann aber nicht auf Elfmeter entschied. Der Druck der SpVgg hielt an und wurde letztlich zu groß, die Führung fiel nach einem typischen, schon beschriebenen Spielzug: Zettl spielte lang auf Nickl, der setzte sich auf der linken Seite durch und bediente den ebenfalls zu frei stehenden Wölfel (35.). Fast mit der Pause wäre Grüner fast das 2:0 gelungen, doch Becher stand im Weg; vier Minuten nach dem Wechsel war er jedoch machtlos, dieses Mal wurde Nickl zu viel Platz gelassen, der sich mit dem zweiten Treffer bedankte. Und was war mit der Offensive des FCS? Die eigenen weiten Pässe gingen dorthin, wo letzte Saison Anders, Bertl und Fröhlich standen und die Bälle festmachten, aber keiner von ihnen stand eben an diesem Tag auf dem Platz. Patrick Bertl mühte sich und besetzte quasi alle drei Positionen auf einmal, nutzte sein Tempo auch, wurde aber immer wieder auch abgelaufen. Immerhin gaben die Gäste nicht nach, eine Standardsituation war allerdings für das  Anschlusstor nötig: der wieder im Mittelfeld Regie führende Wohn erzielte das 1:2 mit einem herrlichen Freistoß von der Strafraumkante ins linke obere Eck (70.). Der Treffer setzte Kräfte und Selbstbewusstsein frei, Wiesau geriet in die Defensive, nachdem die Rot-Weißen schon zuvor etwas Tempo hatten herausnehmen müssen. Die Schwarzenbacher fanden die Räume auf den Außenbahnen, waren plötzlich schneller am Ball als die Gegenspieler und hatten mit einem Mal Chancen. Allein Haas war zweimal in aussichtsreicher Position (76./82.), doch einmal wurde der Ball zu schnell und beim zweiten Versuch klärte Keeper Batista. Der Ausgleich schien zum Greifen nah, aber wie so häufig in dieser Situation entwickelte sich aus einem der Angriffe der Konter, der den Wiesauer den Sieg sicherte: zunächst machte sich Grüner auf den Weg, verlor den Ball und blieb verletzt im Strafraum liegen. Die Kugel wurde nicht weit genug geklärt, Wölfel konnte in den Sechzehner starten und erzielte das 3:1 mit einem Schuss ins kurze Eck (86.). Zwar gab der FCS  nicht auf und hatte die letzte Gelegenheit durch Fuchs (92.), doch am Ende stand eine verdiente Niederlage, die sicher unter ungünstigen Vorzeichen zustande kam, aber auch die Schwierigkeiten offenlegte, mit denen die Grün-Weißen wohl noch eine Zeitlang zu kämpfen haben werden.

Die Aufstellung: Becher – Wohn, Jung, Saalfrank, Löffler (S. Mildner) – Hofmann, P. Fuchs, Haas, C. Barthold, Luber – P. Bertl (E. Schijabiew).