Zu spät aufgewacht

Konjunktiv und Fußball sind zwei Begriffe, die nicht zusammen passen. Am Ende steht ein konkretes Ergebnis, an dem nicht zu rütteln ist, und alle Überlegungen, was hätte passieren können, wenn, sind spätestens nach dem Schlusspfiff überflüssig, weil sich nichts mehr ändern lässt. So kann man sich zwar lang und breit über den Aufreger schlechthin im Derby zwischen dem 1.FC Schwarzenbach und dem VFC Kirchenlamitz aus der 58. Minute auslassen und ärgern, aber muss aber zum einen das Resultat, die 0:2 (0:1)-Niederlage, hinnehmen und zum anderen den ganzen Spielverlauf betrachten, um diese Niederlage auch einordnen zu können.

Es ist also eine gute Stunde gespielt am vergangenen Sonntag im Nachbarduell, als dem FCS eine Riesenladung Steine vom Herzen fällt und er mit einem Schlag sechzig völlig verkorkste Minuten scheinbar vergessen macht. Bertl ist auf der linken Seite endlich einmal bis zur Grundlinie durchgekommen, hat sich in einem harten Zweikampf gegen zwei Kirchenlamitzer durchgesetzt und flankt präzise auf den zweiten Pfosten, wo Fröhlich ungedeckt steht und nur noch den Kopf hinhalten muss. Das 1:1 ist gefallen, nicht total, aber doch ein wenig unverhofft nach dem bisher Gezeigten. Bis zur Pause war von den Gastgebern nämlich nichts zu sehen, der knappe Rückstand schmeichelte ihnen sogar. Der VFC störte enorm früh mit drei, teilweise vier Angreifern, machte die Räume schon im Mittelfeld zu und nahm den Grün-Weißen jede Lust und Möglichkeit zu spielen. Nach der Balleroberung stürmte der Mitaufsteiger mit wenigen Kontakten und Stationen nach vorn, wo Geyer und Alexander Manzke warteten. Aus genau einer solchen Situation entstand das 0:1, als Manzke von Triller bedient wurde und einen starken Antritt hinlegte. Armstark hatte eigentlich das richtige Timing für die Grätsche zur Abwehr, rutschte aber im letzten Moment weg und konnte nicht mehr eingreifen, sodass der Weg für den Stürmer frei war. Diesen Druck und diese Spielweise hielten die Kirchenlamitzer bis zum Halbzeitpfiff konsequent aufrecht. Zwar entwickelten sich nicht unbedingt die hochkarätigsten Chancen, aber der VFC beschäftigte die Grün-Weißen so sehr, dass sie in der Abwehr gebunden waren und nach vorne selbst nicht aktiv werden konnten, auch weil die Bälle aus Verzweiflung weit und unpräzise geschlagen wurden, was dem Nachbarn keine Schwierigkeiten bereitete. Kurz vor der Pause bot sich Kirchenlamitz die beste Chance auf das 0:2, aber Geyer und A. Popp standen auf einmal nach einer Flanke direkt beieinander und behinderten sich frei vor dem Kasten beim Torschuss, der dann hoch über die Latte flog. Die Halbzeit war sicher erst einmal eine Erlösung für die Schwarzenbacher, die danach nur einen Neustart mit Handicap versuchen konnten, so wie in den ersten 45 Minuten durfte es ja nicht weitergehen. Und tatsächlich nahmen sie die Zweikämpfe besser an, entwickelten mehr Tempo und kamen zu Chancen: Anders brachte den Fuß nach einem Pass von Fröhlich nicht mehr unter den Ball, um ihn über Valdmann zu lupfen (51.), Fröhlich selbst fehlte etwas die Power bei seinem Versuch drei Minuten später. Aber die FC-Spieler merkten, sie kamen doch bis in den gegnerischen Strafraum, so auch in der schon angesprochenen 58. Minute. Die Spielertraube über Fröhlich war groß, die Kirchenlamitzer hatten schon mit dem Diskutieren begonnen, wer für den Angreifer zuständig gewesen wäre, da befand Schiedsrichter Hahn (Trebgast) urplötzlich: kein Tor! Sein Linienrichter hatte die Fahne gehoben – er hatte den Ball nicht im Tor, sondern am Außennetz gesehen, und der Unparteiische folgte ihm. Es gab wütendste Proteste, aber die Entscheidung blieb bestehen. Hätte es gezählt, was wäre möglich gewesen, wenn…? Wie gesagt, das hat im Fußball noch nie gezählt und das änderte sich auch am vergangenen Sonntag nicht. Der nicht gegebene Treffer zog dem FCS den Zahn, Wohn hatte zwar kurz nach dieser Szene noch eine gute Chance, als sein Schuss im letzten Moment geblockt wurde (61.), aber die Diskussionen hatten Hektik auf den Rasen gebracht, die in erster Linie dem VFC nützte. Er konnte sich sammeln, wieder Ordnung in sein System bringen und eigene Aktionen starten. Der Ball lief besser, zwar mehr in die Breite als in die Spitze, aber damit hatten die Gastgeber erneut eher die Aufgabe, nach hinten zu sichern statt sich im Angriff entfalten zu können. Viele Unterbrechungen prägten die letzte halbe Stunde, immerhin hatte der Schiedsrichter das Fingerspitzengefühl, nicht jedes Aneinandergeraten überzubewerten und beließ es bei einer Reihe von Gelben Karten. Kirchenlamitz kam zu weiteren Möglichkeiten, so klärte Becher nach einer Ecke auf der Linie einen Kopfball seines eigenen Abwehrspielers Armstark, der angeschossen worden war (77.); und mit der letzten Aktion des Spiels sorgte noch einmal Manzke für die Entscheidung, als die komplett aufgerückte Abwehr mit einem Pass überspielt wurde und er Becher im zweiten Anlauf mit einem Heber überwand (92.). Doch dieses Tor war im Anschluss ebenso wenig Gesprächsstoff wie der Endstand, sondern das abgepfiffene Tor; dennoch muss sich der FCS in erster Linie fragen (lassen), warum er seine Qualitäten aktuell nicht komplett ausschöpft und deshalb in diese schwierigen Situationen gerät.

Die Aufstellung: Becher – Luber, Löffler, Scharrer, A. Armstark – Wohn, Linke, Mikuta, Bertl, Anders (Seifert, C. Barthold, Schijabiew) – Fröhlich.