Träumen – aber mit Realismus

Samstag, etwa 15 Uhr: die Spieler der SG FCS II/TuS II/SVO III jubeln, denn sie sind nach einem Erfolg über die SpVgg Weißenstadt II wieder Tabellenführer in der A-Klasse Fichtelgebirge. Sonntag, etwa 17 Uhr: die Spieler der SG Schwarzenbach/Förbau jubeln, denn sie sind nach einem eigenen Sieg über die SpVgg Weißenstadt und Ausrutschern der Konkurrenz aus Konnersreuth und Selb wieder Tabellenführer in der Kreisliga Süd. Ein bisschen Träumen darf vor dem letzten Spieltag in der Vorrunde ja erlaubt sein, aber die Füße müssen dabei schon auf dem Boden bleiben. Denn zumindest in der A-Klasse dürfte der 1. Platz nur punktemäßig zu erreichen sein – im Topduell des Zweiten gegen den Ersten hat die Dreier-SG drei Zähler Rückstand auf den Spitzenreiter, aber ein um neun Treffer schlechteres Torverhältnis. In der Kreisliga sieht die Sache etwas anders aus, weil die SpVgg Selb 13 beim VfB Arzberg, der in diesen Wochen schon um seine letzte Chance kämpft, vorne dran zu bleiben, während die Konnersreuther in Kondrau zu Gast sind, das jeden Zähler im Kampf gegen den Abstieg benötigt. Doch für die SG steht vor dem Blick auf andere Ergebnisse die Hürde Weißenstadt, die erst einmal genommen werden will. Allein, dass in beiden Partien ein starker Gast aus dem gleichen Verein wartet, zeigt die Qualität und beweist, dass die SpVgg gute Arbeit leistet. Man könnte fast vergessen, dass der Kreisligist ein Aufsteiger ist, so sicher bewegen sich die Weißenstädter in der Liga. Niederlagen gegen Arzberg und Konnersreuth dürfen sicherlich passieren, wie das 1:4 zuletzt gegen Waldershof zu bewerten ist, wird sich zeigen. Auf jeden Fall liefern die Schwarz-Weißen eine deutlich bessere Vorstellung ab als vor etwas mehr als zehn Jahren. Auch damals feierten die Weißenstädter den Aufstieg, im Nachfassen, denn sie setzten sich in der Relegation gegen den FCS durch; in der Folgesaison konnten sie sich aber nicht durchsetzen und mussten in die Kreisklasse zurückkehren. Dort bauten sie über Jahre einen breiten Kader auf, arbeiteten sich immer näher an die Aufstiegsränge heran, nicht zuletzt unter dem heutigen SG-Coach Michael Gräf. Wurden sie 2019 noch von der Reserve aus Röslau überraschend ausgebremst, sicherten sie sich in der Abbruchsaison absolut ungefährdet den Meistertitel. Ausgerechnet ein langjähriger Röslauer mit Alexander Seidel steht jetzt an der Seitenlinie der SpVgg und coacht sein Team erfolgreich, in dem viele Eigengewächse stehen – reichlich junge, die in der JFG Oberes Egertal auch in höheren Ligen ausgebildet werden, und erfahrene, die immer in Weißenstadt geblieben sind oder woanders erfolgreich unterwegs waren. Maximilian Hartbauer spielte beim TSV Thiersheim vor seiner Rückkehr, ebenso Simon Fellermeyer. Michael Wolf war in Selb aktiv, Alexander Stäudel in Röslau. Die Urgesteine wie Bernd Kosinsky, Maximilian Kopp oder Sebastian Herold sind weiterhin dabei, kennen die Gegner aus Schwarzenbach und Förbau und natürlich auch ihren alten Trainer bestens. Der dürfte seine jetzige Mannschaft nach der Niederlage in Selb wieder schnell aufgerichtet haben, denn viel vorzuwerfen hatte sie sich nicht. Man kann sich über die vergebenen Chancen ärgern, aber nicht über die gezeigte Leistung. Nach Wochen und Spielen, in denen viel vor allem über harte Arbeit lief, stimmte auch das spielerische Element wieder. Im ersten Augenblick war die Enttäuschung groß nach dem Ende der langen Erfolgsserie, manche Träume endeten vielleicht, aber schaut man mit realistischem Blick auf die bisherige Bilanz der SG, dann steht ein Platz 3 zu Buche mit gerade einmal drei Punkten Abstand zur Spitze und vielen überzeugenden Auftritten. Und es spricht nichts dagegen, dass am Samstag ab 15.30 Uhr ein weiterer dazukommt. Natürlich müssen sie einen Torjäger wie Felix Lenk in den Griff bekommen, aber die Torgefahr geht von verschiedenen Spielern der SpVgg aus (Herold, Albrecht). Wie gesagt, oft genug hat das in dieser Spielzeit bereits funktioniert, klappt es auch diesmal, gibt es Grund zum Jubeln – egal, ob mit oder ohne Tabellenführung.

Den Frust über die erste Saisonniederlage sollte auch die 2. Mannschaft schnell bewältigt haben. Die Leistung stimmte in Selb, das Team zeigte, dass es zurecht oben steht. Selbst wenn es nichts mit der Herbstmeisterschaft werden sollte, passt die Richtung, auch hier funktioniert die Zusammenarbeit der Vereine, wobei sich der Kader inzwischen hauptsächlich aus Akteuren von TuS und FCS rekrutiert. Doch das bedeutet auch, dass die Perspektiven völlig in Ordnung sind nach den Jahren des mühseligen Zusammenkratzens von Spielern Woche für Woche. Zum Abschluss der Vorrunde wartet ein Brocken, wie er härter nicht sein könnte: die SpVgg Weißenstadt II ist jetzt als einziges Team noch ungeschlagen, hat einen eigenständigen und äußerst erfolgreichen Kader und will auch ganz offen eine Spielklasse nach oben. Dass die Luft in der Kreisklasse schon wieder ein ganzes Stück rauer weht, ist allen bewusst, aber eine andere Liga kann ja nicht nur fordern, sondern auch fördern. Möglicherweise sind die Gäste leicht favorisiert, doch zu groß sind die Unterschiede nicht. Anstoß zum Gipfeltreffen ist am Samstag in Förbau um 13 Uhr – Notiz am Rande: sollte es ein Unentschieden geben, könnte der lachende Dritte VFC Kirchenlamitz II heißen und dafür sorgen, dass die Meisterschaft insgesamt zwischen drei Nachbarvereinen entschieden wird.