Krimi in Nagel

Der Schlusspfiff in Nagel war der Moment, auf den alle an diesem Spiel Beteiligten dringend gewartet hatten: Spieler, Betreuer, Fans, Schiedsrichter. Das Ende der Partie zwischen dem 1.FC Nagel und dem 1.FC Schwarzenbach, die vom Ergebnis her gerecht mit 2:2 (1:0) beschlossen wurde, bot nach fast 97 Minuten Spielzeit die Chance zum Luftholen und Durchschnaufen, um nach einem emotionsgeladenen Duell wieder runterzukommen.
Wer als neutraler Beobachter auf den Nageler Fußballplatz gekommen war, um das Aufeinandertreffen des Ersten gegen den Zweiten in der Kreisklasse Süd zu verfolgen, der musste sich über die Ansage im Stadion wundern, dass hier die beiden fairsten Mannschaften agierten. Es ging nämlich von Anfang an ordentlich zur Sache, seinen Anteil daran hatte auch Schiedsrichter Becher vom SV Sauerhof. Er konnte in der intensiven Begegnung sicherlich nicht alles sehen, hätte die harten Zweikämpfe, die sich vom Anpfiff weg ergaben, aber konsequenter unterbinden müssen, um Ruhe ins Spiel zu bringen. So beharkten sich die beiden Teams über die gesamte Spielzeit hinweg mit allen Mitteln und schossen auch manchmal übers Ziel hinaus, die ein oder andere Blessur blieb als Erinnerung an den Nachmittag in Nagel. Ein konsequenterer Referee hätte womöglich schon wesentlich früher als in der 85. Minute eine Gelb-Rote Karte gezeigt, die in diesem Fall Luber vom FCS wegen wiederholten Foulspiels traf. Der Platzverweis war aber letztlich nur eine Randnotiz bei den vielen Wendungen, die das Spitzenspiel nahm. Vor allem vor der Pause wirkten die Gäste sichtlich beeindruckt von der körperlichen Präsenz und der Wucht, die Nagels Spieler ausstrahlten; sie blieben in vielen Situationen zu passiv, so konnte der Tabellenführer nicht nur Bälle gut erobern, sondern zeigte auch schnellen, direkten Angriffsfußball. Und er hatte den Vorteil der frühen Führung: wieder einmal waren die Hilpert-Brüder beteiligt, denn dem Freistoß, den Christian Hilpert getreten und Torwart Becher zur Ecke abgelenkt hatte, folgte selbige, Markus Hilpert stand frei in der Mitte und köpfte ein (8.). Der FCS fand nicht ins Spiel, verzettelte sich im Mittelfeld häufig, spielte ungenau und hatte in den ersten 45 Minuten eigentlich nur eine gute Gelegenheit, als Aydinli schon an Keeper Käs vorbeigelangt war, aber dann zu weit außen stand, um die Verteidiger vor dem Kasten zu überwinden (16.). Auf beiden Seiten gab es rund um den Strafraum nicht die ganz heißen Torszenen, aber bis zur Pause war eher die Abwehr des FCS gefordert als die des FCN, um Schlimmeres zu verhindern. Kapitän Wohn, der wieder sehr weit zurückgezogen spielte, fehlte einfach in der Schaltzentrale; nach dem Seitenwechsel pendelte er zwischen Mittelfeld und Sturm und machte Linke zum Libero, der auf dieser Position hervorragend agierte und ein großes Laufpensum absolvierte. Die Grün-Weißen kamen nach sicherlich deutlichen Worten mit großem Schwung aus der Kabine und hatten auch nach nur wenigen Sekunden die erste gute Chance auf ihrem Konto. Doch mit der nächsten Szene schienen bereits alle guten Vorsätze wieder Makulatur, denn nach einem simplen Einwurf nahe der Eckfahne stimmte die Zuordnung beim FCS nicht, diesmal stand Christian Hilpert allein und konnte sich die Ecke für das 2:0 fast aussuchen (47.). Ging den Platzherren aber danach etwas die Puste aus oder hatte der FCS einfach nichts mehr zu verlieren? Vielleicht kam beides zusammen, Nagel hatte ein enormes Tempo vorgelegt, die Gäste packten den Mut der Verzweiflung aus, um im Meisterschaftsrennen nicht plötzlich abgehängt zu sein. Das Spiel verlagerte sich endlich auf die Flügel, Bertl und dieses Mal Haas nahmen Fahrt auf und zogen immer wieder gefährlich Richtung Strafraum, wo Aydinli und Wohn Unruhe stifteten. Der Anschlusstreffer fiel zu einem günstigen Zeitpunkt, nur zehn Minuten nach dem 2:0 drückte Haas einen Ball über den Linie, den Käs zuvor gegen Aydinli noch gehalten hatte. Schwarzenbach steigerte sich in die Partie hinein, wieder Aydinli scheiterte mit einem Kopfball (63.), Marcel Fuchs konnte keinen Druck mehr hinter einen überraschend durchgekommenen Eckball mehr bringen (70.). Nagel konterte auf eigenem Platz gegen einen offenen FCS, Preiß setzte einen Schuss von der rechten Seite auf die Latte (71.). Aber insgesamt war der Zweite am Drücker, kurios-dramatisch wurde die nächste Chance vereitelt, als Käs bei der Abwehr Phillip anschoss, der den Ball so von der Linie kratzte, dass ihn die beiden Schwarzenbacher Stürmer nicht erreichen konnten (74.). Mit vielen Unterbrechungen und Diskussionen verging die Zeit, das Anrennen der Gäste ging weiter, schien aber vergebens, erst recht in Unterzahl. Aber dann fiel doch der verdiente Ausgleich, Aydinli war nach einem weitergeleiteten Einwurf zur Stelle und schob die Kugel ein (92.). Schon hier war der Puls auf Schwarzenbacher Seite auf 180, zwei Minuten darauf schoss er durch die Decke: ein glasklares Handspiel der Nageler im eigenen Strafraum ließ der Schiedsrichter ungeahndet. Die Ordnung im Spiel war längst aufgegeben, besonders nach diesem Augenblick, das hätte der FCN fast zum 3:2 genutzt, doch Becher konnte gegen Janneck klären und fischte auch den folgenden Eckball herunter. Danach war Schluss, irgendwie dürften alle, die an diesem Nachmittag in Nagel waren, gedacht haben: „Endlich!“
Die Aufstellung: Becher – Wohn, Linke, P. Fuchs, Luber (Saalfrank, L. Wirth) – Hofmann, Mikuta, M. Fuchs, S. Bertl, Haas (M. Wirth) – Aydinli.